Die Zukunft der medizinischen Versorgung in Kreuztal

30.06.2019

4. Bürgerdialog der CDU Kreuztal und der Jungen Union Kreuztal

Am 26. Juni fand im Kreuztaler Haus der Fraktionen der 4. Bürgerdialog von CDU und JU statt, zu welchem zahlreiche interessierte Bürger*innen erschienen sind, um die Einschätzungen und Sichtweisen von Dr. Martin Junker, Dr. Dr. Charles Adarkwah sowie Dr. Uta Butt zu hören und mit ihnen zu diskutieren. Für die Kreuztaler CDU steht fest, dass die Zukunft der medizinischen Versorgung ein Schlüsselthema ist, wenn wir die Attraktivität unserer Region erhalten möchten. Dr. Dr. Charles Adarkwah, Allgemeinmediziner und Mitinitiator des Ärztenetzwerkes "ANSWER" erklärte: „Von ca. 120 Praxen in Siegen-Wittgenstein suchen etwa 50 eine*n Nachfolger*in“. Zum Vergleich: Für etwa 5 in den örtlichen Kliniken tätigen Assistenzärzte könnte im kommenden Jahr eine Niederlassung in Frage kommen. Die örtlichen Praxen konkurrieren dabei auch mit Angeboten aus Ballungsgebieten.
Viele unserer Hausärzte könnten sofort in den Ruhestand gehen. Aus Verantwortung gegenüber ihren Patienten tun sie dies zum Glück nicht. Ist die Einzelpraxis also ein Auslaufmodell? Der Anteil der angestellten Ärztinnen und Ärzte ist seit 2009 von unter 8% auf über 20 % gestiegen. Dr. Uta Butt, CDU Kreuztal, stellte Umfragen vor, nach denen die Studierenden das Fach Allgemeinmedizin bzw. die Tätigkeit als Hausarzt durchaus positiv sehen. Mehr als ein Drittel der Studierenden könnte sich vorstellen, Allgemeinmediziner*in zu werden. Letztendlich schlagen jedoch nur etwa 11% diesen Weg ein. Kritisiert werden vor allem die Rahmenbedingungen. Bürokratie wird von jungen Mediziner*innen als wichtigster Grund genannt, sich gegen die Niederlassung zu entscheiden. „Etwa bis Mai eines jeden Jahres arbeiten wir für die Verwaltung und Organisation“, so Dr. Martin Junker, Allgemeinmediziner und Bezirksleiter der Kassenärztlichen Vereinigung.
Die hausärztliche Versorgung in Kreuztal ist gefährdet, das geht auch aus den neusten Daten der Kassenärztlichen Bundesvereinigung hervor. Mit einem Versorgungsgrad von noch 85 % besteht Handlungsbedarf, erläuterte Dr. Butt. Hinzu kommt, dass kreisweit 13 % der Hausärzte über 65 Jahre alt – d.h. im Rentenalter – sind. 2014 lag die Quote noch bei knapp 11%. Städte wie Münster sind besser aufgestellt. Dort sind nur 5% der Hausärzte über 65.

Wir müssen jetzt tätig werden! Die Zahl der Studienplätze wurde in den letzten Jahren erheblich reduziert. „Die Landarztquote ist nicht das Allheilmittel“, erklärte Dr. Junker: „es dauert 11 Jahre bis die ersten Absolventen in die Niederlassung gehen können. Außerdem sind dies keine zusätzlichen Studienplätze! Es gilt mindestens 10 Jahre zu überbrücken. Dr. Dr. Adarkwah kritisierte, dass darüber hinaus in Deutschland die Fehlverteilung der praktizierenden Ärzte Probleme bereitet. So führte kürzlich die Freigabe der Niederlassung im Ruhrgebiet zu etwa 60 neuen Niederlassungen. Fachärzte*innen, die in anderen Regionen damit fehlen.
Was also tun? Dr. Dr. Charles Adarkwah stellte das Konzept der familydocs vor: Schichtmodelle, Teamarbeit, Förderung von Fortbildungen und Entlastung von bürokratischen Abläufen – die dann allerdings von den Praxisinhabern geschultert werden müssen – machen die Tätigkeit in der Hausarztpraxis für junge Fachärzte*innen attraktiv. „Wichtig für junge Ärzte*innen ist es, Verantwortung teilen zu können (in der Klinik kann der Oberarzt gefragt werden). Es bedarf hier auch unter den Ärzten einer besseren Vernetzung“, ergänzte Dr. Junker. Etliche Tätigkeiten sind bereits heute an speziell ausgebildete medizinische Fachangestellte delegierbar. Deren Ausbildung ist jedoch teuer und lohnt sich für viele Einzelpraxen nicht.
Insgesamt kamen die Anwesenden zu dem fazit, dass die Kommune attraktive Rahmenbedingungen schaffen könne – wo möglich – um die Standortattraktivität zu erhöhen. Wichtig ist, dass das Problem erkannt wird und sich jemand kümmert. Die weichen Standortfaktoren sind immens wichtig. In der Niederlassungsberatung wird nach geeigneten Praxisräumen gefragt bzw. Baugrundstücken, Wohnungsangebot, KiTa-Platz, attraktive und moderne Schulangebote, wusste Dr. Junker zu berichten. Hier kann die Kommune unterstützen. Auch das Job-Angebot für den/die Partner*in ist ein wichtiges Entscheidungskriterium für oder gegen einen bestimmten Ort. Hier könnten die örtlichen Arbeitgeber aus Industrie und Wirtschaft mit ins Boot geholt werden, um die Rahmenbedingungen zu perfektionieren und auch den Fachkräftemangel in anderen Branchen zu lindern. Es muss nur getan werden!